Digitalisierung in der Personalabteilung

Das ist doch Standard und hat längst Einzug in deutsche Unternehmen gefunden! Wir haben bereits in mehreren Unternehmen unterschiedlicher Größen gearbeitet und können sagen: es sieht schlechter um die Digitalisierung aus, als viele befürchten. Auch wenn das Thema auf LinkedIn und diversen Plattformen nicht aktueller sein könnte, ist in der Praxis noch Luft nach oben. Das erleben wir Personaler:innen jeden einzelnen Tag.

 

Absagen und davon, wie Kandidaten wirklich zu ehemaligen Kandidaten werden 

laborgeschichten #2

18.03.2022, Stephanie Skoruppa



Danke für die zahlreichen Absagen! Danke an alle Unternehmen, die mir die letzten Monate abgesagt haben. Ich konnte dadurch so viel lernen. Diese Lernkurve wäre ohne diese Absagen nicht möglich gewesen.

Ein weiterer Nebeneffekt der Absagen ist eine reichhaltige Sammlung an Textbausteinen. Eine Feldstudie par excellence darüber, wie (nicht) wertschätzend in deutschen Personalabteilungen abgesagt wird. Wer eine Sammlung bzw. eine Auswahl von Absagetexten benötigt, kann sich gerne melden. Ganz wunderbar, Danke dafür!


Der kostenlose Tipp, denn: So nicht liebe Personalabteilungen!

Standardabsagen sind ok für zeitige Phasen eines Bewerbungsprozesses. Bitte achtet auf Fehlerfreiheit und auch auf goldene Regeln wie "keine Absagen an einem Montag oder Freitag" (dazu versorgen wir euch regelmäßig mit Input über unseren Insta Account).

Wie werde ich vom (Bewerbungs)Kandidaten - vollgestopft mit Hoffnung, Potential und Perspektive - zu einem ehemaligen Kandidaten - hinterlassen mit Zweifel, Ratlosigkeit und Motivationslücken? 

In der Regel haben Kandidat:innen tatsächliches Interesse, wenn sie nach ersten Termin im Bewerbungsprozess noch nicht abgesprungen sind. Es ist davon auszugehen, dass Kandidat:innen nun schon wertvolle Zeit und Engagement aufgebracht haben. An der Stelle biete ich eine Bilanz an - dank zwei konkreter Beispiele.

 
Beispiel 1: Projektstelle in einer HR Supportabteilung.
Das Zeitinvest für die Analyse der Stelle (#passeichaufdiestelle) und eine sinnvolle und gute Bewerbung setze ich mit 60 Minuten an. Es gab ein Erstgespräch von knapp über 60 Minuten. Die Vorbereitungszeit auf das Gespräch ist anzusiedeln bei ca. 30 Minuten. Nach dem Gespräch darf dieses verarbeitet werden, die sogenannte Gesprächsnachbereitung mit vielleicht 30 Minuten. Es erfolgt der nächste Schritt mit einem Gespräch über 60 Minuten plus 90 Minuten Vorbereitungszeit für einen "Case". Auch hier unterstelle ich jeweils eine Vor- und Nachbereitungszeit auf Kandidat:innen Seite von ca. 60 Minuten.
Bei diesem Beispiel wurden von Kandidat:innen Seite schätzungsweise mindestens 5,5 Stunden Zeit in den Auswahlprozess investiert.


Beispiel 2: Stelle Abteilungsleitung einer HR Business Support Unit.
Erneut gehe ich von einer initialen Bewerbungszeit von ca. 60 Minuten aus. Es erfolgt eine zeitintensive Terminfindungsphase, um als Kandidat:in großzügige Zeitfenster über die nächsten drei Wochen zur Verfügung zu stellen. Hier setze ich 30 Minuten Zeitinvest an plus 30 Minuten Gesprächsvorbereitung und 30 Minuten Nachbereitung. Das Gespräch dauert 60 Minuten. Es folgt die nächste Phase, erneut mit aufwändiger Terminfindung, also ca. 30 Minuten Zeitaufwand. Und dann folgen Panelinterviews. 4 x 45 Minuten, in der Realität 4x 60 Minuten plus jeweils 30 Minuten Vor- und Nachbereitung (minimal gerechnet).
Bei diesem Beispiel wurden von Kandidat:innen Seite schätzungsweise mindestens 10 Stunden Zeit in den Auswahlprozess investiert.



Und dann folgen zwei Absage Szenarien.
Szenario 1: Das Unternehmen meldet sich über 14 Tage nicht. Auf die freundliche Nachfrage, wann mit einer Rückmeldung zu rechnen sei, folgt eine recht prompte Absage an einem Montag 18 Uhr. Keine Begründung, kein Feedback, einfach raus aus dem System - mit einem Standardtext. Sinngemäß: Es waren Nuancen, nehmen Sie es bitte nicht persönlich (#absagetexte). Natürlich habe ich nie eine Antwort erhalten, ob wir darüber noch einmal sprechen können, um die Absage verstehen zu können.
Szenario 2: Die Rückmeldung wird innerhalb der nächsten 5 Tage erfolgen ist das Versprechen. Das Versprechen wird gehalten. Die Absage dann prompt per E-Mail mit der Aussage es sei Firmenpolitik Absagen ohne Feedback zu versenden.

An dieser Stelle wird es spannend über Perspektiven zu sprechen. Ein Perspektivwechsel ermöglicht Einblicke in die möglichen Handlungsmotive, Emotionen und Frustrationen.
Ich verstehe aus HR Perspektive, insbesondere mit dem Wissen, dass es "AGG Kläger" gibt, dass die Kunst zu sein scheint so wenig wie möglich und so viel wie nötig an Informationen als Feedback zu geben. Ich verstehe auch, dass Recruiting oder ein Referent/HRBP ggf. "nur" die Entscheidung weitergibt und fachlich keine Entscheidungsbeteiligung hatte.

Jedoch ist doch etwas ganz klar: die Informationen sind da. Die Einschätzungen und Bewertungen der Gespräche sind im Recruiting System dokumentiert (schon allein, weil z.B. dem Betriebsrat ggü. Prozesse und Entscheidungen erklärbar gemacht werden dürfen) und es bestünde die Möglichkeit eine Rückmeldung zu geben. Eine Rückmeldung, warum es zu der Absage gekommen ist. Es gibt so viele Argumente. Ich biete als Argument das gewollte Erleben entlang einer candidate journey oder auch den scheinbaren Wunsch der Unternehmen "Talente" auch für andere Stellen in Zukunft zur Bewerbung zu motivieren.
Liegt es daran, dass im HR Bereich der "War for talents" noch nicht angekommen ist? Liegt es daran, dass vor der eigenen Haustür schlecht gefegt wird? Liegt es daran, dass negative Rückmeldungen Angst machen?

Ich kann aus Kandidat:innen Perspektive klar postulieren: nehmt euch die Zeit liebe Unternehmen, liebe Personaler, liebe Fachentscheider und ruft die Menschen an. Schätzt die enorm umfangreich investierte Zeit wert, bedankt euch für den Bewerbungsprozess und gebt eine Rückmeldung. Es ist legitim eine Auswahl zu treffen. Es ist legitim Absagen auszusprechen. Ich finde es jedoch nicht legitim von Kandidat:innen viel zu verlangen und nichts zurück zu geben. Wo ist der return on invest für die Talents?

Spoiler für Teil 2: Ebenso habe ich hervorragende Absagen erhalten auf sehr erstrebenswerte Vakanzen. Dazu folgt ein Artikel, wie Absagen sehr gut gelingen können.
Spoiler Für Teil 3: Die Perspektive der Personalabteilung.

Welche Erfahrungen habt ihr? Warum gebt ihr kein Feedback mit Absagen?


 

#bewerbungsgespräch #gesprächsregeln #bewerber:innen #personalmanagement #recruiting #auswahlprozess #personalgespräch #geschichtenausdemnähkästchen

Das Bewerbungsgespräch

#laborgeschichten #1

25.02.2022, Stephanie Skoruppa



Das Bewerbungsgespräch ist vorbei. Es war eine Standardsituation im Personal-Alltag. Der Bewerber und ich haben nett gesprochen, Informationen ausgetauscht, die Faktenlage ist klar und es ist Zeit aufzustehen und sich zu verabschieden. Auf dem Weg dahin sind ich und der Kandidat irgendwo falsch abgebogen.
Der Kandidat betonte im Gespräch mehrmals seine Gesundheit. Es sei jetzt an der Zeit wieder zu Arbeiten und alles hinter sich zu lassen (nach der Scheidung, Hausverkauf, der Trennung von alten Erinnerungsstücken). Ich frage nach. Und hatte innerhalb kürzester Zeit die gesamte Geschichte, die er wirklich gerne erzählen wollte.

Liebe Bewerber:innen - das Bewerbungsgespräch ist eure Zeit! Diese Zeit schenken wir euch sehr gerne, denn wir möchten euch für uns als Unternehmen gewinnen. Jede persönliche und außerberufliche Information von euch ist ein Geschenk. Jedoch haben auch Personaler persönliche und ästhetische Grenzen. Spätestens wenn es in Richtung gelbe Körperabsonderungen geht ist Schluss!
Da dürft ihr aufstehen und euch freundlich verabschieden.

Liebe Kolleg:innen - nehmt die Geschenke eurer Bewerber:innen an und seid dankbar über alle (außer)beruflichen Informationen. Findet aber auch eure Grenzen für Einfühlungsvermögen, Interesse für Bewerber:innen und Thementiefe. Das dürfen wir uns erlauben! Von uns wird nicht verlangt, dass wir zum Beispiel Geschichten aus solchen Situationen mit nach Hause nehmen oder diese uns belasten. Wir dürfen auch für uns Grenzen setzen und unseren Rahmen von Professionalität abstecken.

Habt ihr absurde, spannende, erleuchtende, skurrile, beflügelnde und erzählenswerte Geschichten aus dem Bewerbungsgesprächs-Nähkästchen? Schreibt sie uns, kommentiert sie auf Instagram oder Linkedin.

#bewerbungsgespräch #gesprächsregeln #bewerber:innen #personalmanagement #recruiting #auswahlprozess #personalgespräch #geschichtenausdemnähkästchen
 

Anmerkung: Wichtig ist der Schutz Aller! Beispiele sind gut und wichtig um zu lernen und Erfahrungsaustausch zu betreiben. Persönlichkeitsrechte sind dabei zu wahren und Anonymisierung wichtig!

Instagram post

Inhalte von Instagram post werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf “Zustimmen & anzeigen”, um zuzustimmen, dass die erforderlichen Daten an Instagram post weitergeleitet werden, und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in unserer Datenschutz. Du kannst deine Zustimmung jederzeit widerrufen. Gehe dazu einfach in deine eigenen Cookie-Einstellungen.

Zustimmen & anzeigen
Deutschland

Es gilt unsere Datenschutzerklärung.